Versteht mein Hund mich? Und wenn ja, wie?
Hunde sind extrem soziale Wesen. Sie hatten schon immer ein ausgeprägtes Kommunikationssystem in den Genen, weil sie als Rudeltiere diese Kunst gut beherrschen müssen. Quasi Sprache als Überlebenschance.
Im Laufe der Jahrhunderte wurden sie zu echten Menschenverstehern – der Mensch hat bereits früh den Nutzen des Hundes als Haustier, Jäger, Begleiter und Beschützer erkannt. Durch Zucht in die entsprechenden Arbeitslinien, konnte hier nochmals Potential geweckt werden.
Wenn wir also heute sagen „Dummer Hund“, müssen wir uns an die eigene Nase fassen und sagen „Dummer Mensch, der denkt ein Hund wäre dumm“.
Was bedeutet das für uns im Umgang mit unseren geliebten Fiffies?
Natürlich ist die Sprache des Hundes nicht die Sprache des Menschen. Hunde drücken sich nicht verbal aus, sondern durch Gesten, Mimik und körperlichen Ausdruck. Rutenhaltung, Ohrenstellung, Aufrichtung/Absenkung des Körpers, Aufstellen der Haare, Blicke … Das Repertoire an Kommunikationsmöglichkeiten ist schier unendlich.
Da der Hund aufgrund seiner kognitiven Leistungsfähigkeit nicht lernen kann, die menschliche Sprache zu verstehen oder gar zu sprechen, ist es unsere Aufgabe die Sprache der Hunde zu erlernen. Das führt zu Missverständnissen, Fehleinschätzungen und auch mal Überforderungen. Ganz so, als ob eure Lebenspartner aus einem anderen Land stammen und ihr euch sprachlich annähern müsst. Aber wie heißt es so schön: Liebe kann alles!
Ich kann hier logischerweise nicht alle Ausdrücke behandeln, aber 2 möchte ich euch ausführlicher (nicht vollständig) nahebringen:
Haare aufstellen
Wenn ein Hund eine „Bürste“ bekommt, heißt das erstmal nichts anderes, als dass er aufgeregt ist.
Die Bürste kann sich nur vorn am Nacken zeigen, oder am hinteren Rücken, aber auch an beiden Stellen zugleich. Die Intensität der Aufregung zeigt sich in der Höhe der aufgestellten Haare und wo sie aufgestellt sind – also je aufgeregter um so steiler die Bürste. Bei langhaarigen Rassen schwerer zu erkennen, aber auch die stellen die Haare auf.
Wenn der Hund also mit Bürste auf andere zuläuft, ist er nicht entspannt. Es gilt für uns ganz schnell zu schauen, welcher Kontext in der Situation entsteht und ggf. zu intervenieren. Und zwar einzig und allein mit dem Ziel Entspannung herzustellen. Es ist nicht gut oder schlecht, es ist einfach Anspannung. Ob ihr den Hund aus der Situation herausnehmt, ob ihr ihn ablenkt oder ihr im Kontext entscheidet, dass alles ok ist liegt in eurer Verantwortung. Ich bevorzuge immer den rechtzeitigen Abruf, um Zeit zu gewinnen und die Lage zu überblicken. Dann können sich die Hunde immer noch angemessen begrüßen und tun, was Hunde eben so tun.
Rutenhaltung (Basics)
„Meiner wedelt immer vor Freude“. Erstmal grundsätzlich Nö.
Das Schwanzwedeln ist ebenfalls schlicht ein Ausdruck von Aufregung – in welcher Form auch immer. Natürlich freut sich der Hund bestenfalls, wenn seine Menschen wieder kommen. Meistens auch egal, ob man nur den Müll rausgebracht hat, oder 3 Stunden beim Friseur war. Meine Raya kann sogar die Rute als Propeller benutzen, wenn sie aus dem Häuschen ist. Menschlich betrachtet sehr süß anzusehen.
ABER: Für den Hund und auch für das Zusammensein, ist ein entspannter Hund die bessere Grundlage. Überbordende Aufregung kann dem Hund Stress machen und seine Zuhörfähigkeiten einschränken.
Als Beispiel:
Eine Freundin geht mit deinem Hund spazieren. Zufällig trefft ihr euch auf der Straße und dein Hund rastet aus, weil er so aufgeregt ist. Du freust dich gleich mal mit und es ist ein großes Hallo. Von hinten kommt ein Mensch mit seinem Hund an der Leine. Der fremde Hund spürt sofort die Aufgeregtheit und macht mal mit. Zieht seinen Menschen zu euch, mischt sich also in eure Kommunikation ein und fängt an zu regeln. Das Ende vom Lied: ein wildes Durcheinander, schlimmstenfalls zwei Hunde, die sich nie wieder in Ruhe begegnen können und Leinen-Kuddelmuddel. Ob Leinenaggression entsteht, weiß vorher keiner.
Wie mache ich es besser?
Bringe deinem Hund in allen Situationen Ruhe bei. Übe mit ihm Gelassenheit (wie immer erst Zuhause, dann langsam steigern und nach draußen verlegen). Dein Hund darf dich freundlich begrüßen, er darf nicht an dir hochspringen. Er darf dich freundlich zum Spiel oder Kuscheln auffordern, er darf aber nicht körperlich übergriffig werden um sein Ziel zu erreichen. Wenn ihr aus der Haustür geht und er sich auf den Spaziergang freut, darf er das. Aufgeregtes Rumgespringe an der Leine, extremes Ziehen sind tabu. Gebt eurem Hund eine Rückzugsmöglichkeit (Decke, Box, Platz). Verweist ihn freundlich dort hin, wenn er sich aufregt. Lobt ihn für ruhiges, entspanntes Verhalten, von mir aus gebt ihm auch ein Leckerlie. Wie man das in einzelnen Schritten übt, kann euch gutes Hundetraining beibringen.
Und das Wichtigste: Arbeite an deiner eigenen Entspanntheit! Je unaufgeregter du durchs Leben gehst, um so eher kann dein Hund das auch leisten.
Du willst mehr wissen?
Hier mal ein Link zu sprichhund.de. Für mich die beste deutschsprachige Seite zum Thema Hundesprache. Und natürlich ein Link zur allerbesten Hundesprachenexpertin aus Norwegen Turid Rugaas. Sie hat das Buch „Calming Signals“ verfasst, dazu gibt es auch Videos. Mehr Input zum Thema Kommunikation geht kaum. Viel Spaß!